Das war das #PrismCamp - und was jetzt?
Das eine oder andere am Stuttgarter PrismCamp war dann doch eine Enttäuschung. Da wäre vor allem die Beteiligung zu nennen. Knapp 50 Teilnehmer fanden sich ein. Noch am Anfang der Woche hatte die Organisation wohl überlegt, ob sie die Veranstaltung mangels Beteiligung nicht absagen sollte, bevor dann auf den letzten Drücker noch genügend Teilnehmer zusammen kamen, um die kritische Masse zu erreichen.
Das PrismCamp ist ein BarCamp, also eine Mitmach-Konferenz, und erfordert nun einmal eine Mindestzahl an Teilnehmern, damit nicht nur überhaupt genügend Sessions zusammenkommen, sondern auch der Themenmix breit genug aufgestellt ist.
Die andere Enttäuschung war, vor allem am ersten Tag, die Konzentration auf technische Themen. Aber da spiegelte sich dann eben auch das anwesende Publikum wieder - wenn sich hauptsächlich "Techies" aufraffen, zu der Veranstaltung zu kommen, dann gibt es eben auch hauptsächlich Techie-Themen. Nicht nur, zum Glück, aber es war doch der überwiegende Teil der Sessions.
Was ich persönlich mir vom PrismCamp erhofft hatte, waren Vorgehensweisen, wie wir das Thema Überwachung wieder mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bekommen könnten. Die Mehrheit der Bevölkerung scheint das Thema längst abgehakt und vergessen zu haben. Und diese Lethargie reicht ja offenbar bis hin zu denjenigen, die eigentlich die Zielgruppe des PrismCamp gewesen wären. Passenderweise machte die Bild am Sonntag an diesem Wochenende wieder einmal mit einem Aufreger wegen Google auf. Gegen Google kann ich mich ggfs. ja noch wehren, indem ich deren Dienste weniger oder gar nicht verwende. Was ist aber mit der Überwachung durch die NSA, gegen die ich so einfach ja nichts machen kann? Warum regt sich darüber niemand mehr auf?
Das klingt nun alles frustrierter als ich nach diesem Wochenende tatsächlich war. Denn trotz aller Mängel war es eben doch auch eine wichtige und nützliche Veranstaltung. Die technischen Sessions waren sicher nützlich für die Nicht-Techies (die es auch gab) im Publikum und hier und da habe ich daraus auch noch etwas mitgenommen. Aus den anderen Sessions habe ich viele Hintergrundinfos zum politischen Betrieb mitgenommen, aber auch wertvolle Informationen über Journalismus. Dass wir relativ wenig Konkretes vorzuweisen haben liegt auch daran, und auch das ist mir erst an diesem Wochenende so richtig bewusst geworden, dass wir uns noch gar nicht im Klaren darüber sind, was wir eigentlich als Konsequenz aus der ganzen NSA-Affäre haben wollen. Wir sind also noch viel mehr am Anfang, als wir eigentlich dachten.
Was nun nicht heißen soll, dass wir nichts tun sollten, bevor dieser Konsens nicht erreicht ist. Viele der diskutierten technischen Maßnahmen sind ja eben jetzt schon nützlich. Verschlüsselung, Vermeidung von Services die in den USA gehostet sind und ähnliches kann man jetzt schon angehen. Nur sollte man sich vielleicht bei einigen längerfristigen Projekten noch etwas zurückhalten, bevor man zu viel Zeit und Energie in etwas steckt, was dann im Gesamtzusammenhang nicht so viel bringt. Auffällig ist auch die fehlende Kooperation auf dieser Ebene. So gibt es etwa gerade eine große Menge an Projekten, die alle unabhängig voneinander das Rad "Dienste selbst hosten" neu erfinden. Mehr Kooperation wäre hier sicher zielführender.
Und ein Hinweis für meine "Fellow Geeks": Nicht alles ist ein technisches Problem und nicht alle Probleme lassen sich technisch lösen. Und lasst bitte nicht immer so sehr Eure - stark polarisierte und polarisierende - Meinung heraushängen. Wenn man etwa als User eines iOS-Geräts auf der ansonsten sehr nützlichen Seite prism-break.org lesen muss, dass man sein Gerät doch einfach gegen ein Andriod-Gerät ersetzen soll, dann ist das nicht sehr hilfreich - und wird mich am Rest der Website auch eher zweifeln lassen. Wie es eine Teilnehmerin sinngemäß formulierte: Ich will eben bei Amazon einkaufen oder mein iPhone benutzen - schreibt mir jetzt bitte nicht vor, was ich zu tun oder zu lassen habe. Oder, wie hier impliziert: Wenn Du ein iOS-Gerät benutzen willst, können wir Dir auch nicht helfen - Dein Pech. So gewinnt man keine Mitstreiter.
Fazit und Ausblick
Alles in allem war das PrismCamp also eine wichtige Veranstaltung. Nun gilt es dafür zu sorgen, dass es auch weitergeht. Schon für den 27.05. ist ein Folgetreffen angesetzt (ab 18 Uhr im Coworking0711). Und mit einem BarCamp zum Thema ist es ja auch nicht getan. Es muss ein zweites PrismCamp geben, es muss Sessions bei anderen BarCamps geben, usw. Das Thema muss weiter diskutiert werden. Offenbar müssen wir damit ja dann doch etwas weiter unten anfangen, als ursprünglich gedacht. Aber wir müssen dafür sorgen, dass es weitergeht.
Material aus den Sessions gibt es in Alvars Pad. Empfehlenswert ist vor allem die Liste der Gegenargumente zum unsäglichen "Ich habe doch nichts zu verbergen".
(Foto: Ausstellung mit Bildern einer Lochkamera im Literaturhaus)