Farewell UK, Part 1
Gestern ging in Bristol die insgesamt 21te ACCU-Konferenz zu Ende. Für mich war es die 16te und gleichzeitig letzte.
Irgendwann im Jahr 2000, als ich meinen Lebensunterhalt noch als Programmierer in C und C++ verdiente, bin ich im Usenet auf diese ominöse Gruppe von Menschen gestoßen, die sich dem "professionalism in programming" (so das spätere ACCU-Motto) verschrieben hatten. Ich fand es gut, was die da machen und wurde Mitglied. Zwei Jahre später besuchte ich meine erste ACCU-Konferenz, damals in einem Automobil-Museum irgendwo im britischen Hinterland. Und ich war begeistert und beeindruckt, nicht nur von der anwesenden Prominenz, wie etwa C++-Erfinder Bjarne Stroustrup oder Herb Sutter, sondern auch von der Community. Und so bin ich danach jedes Jahr wieder gekommen.
Vor zwei Jahren habe ich bei meinem früheren Arbeitgeber gekündigt und damit die Software-Szene endgültig verlassen. Eigentlich wollte ich da auch schon meinen Abschied von der ACCU nehmen, aber am Ende der Konferenz fand ich mich plötzlich im Organisationskomitee wieder. Und so habe ich eben noch zwei Jahre drangehängt.
Jetzt aber ist auch hier endgültig Schluss. Ich verstehe schon bei einem Großteil der eingereichten Vorträge nicht mehr, um was es überhaupt geht und aus Vorträgen über neue Features in C++ 2017 kann ich nun einmal auch nichts mehr für meinen (nicht mehr so) neuen Arbeitsalltag mitnehmen.
Tschüss, ACCU. Es waren tolle Jahre und ich werde Euch alle vermissen. Aber dieses Kapitel ist abgeschlossen.
Parallel und unabhängig davon läuft ja noch ein anderer Abschied: Der Brexit. Ich habe es vermieden, das Thema während der ACCU-Konferenz selbst anzuschneiden, einfach, weil ich nicht wollte, dass sich jemand, den ich vermeintlich gut kenne, plötzlich als Brexit-Befürworter entpuppt. Einige (ausschließlich Brexit-Gegner) haben das Thema selbst angeschnitten. Die Frustration und der Ärger sind bei diesen greifbar. Die wohl beste Umschreibung der Situation in einem Wort war "delusional".
Ein paar Leuten habe ich es erzählt: Neben dem Abschied von der ACCU steht auch mein Abschied von Großbritannien als Ganzem an. Ich habe noch ein Ticket für eine Konferenz in London im Mai und danach habe ich vor, das Land nicht wieder zu betreten, bevor es wieder zur Vernunft gekommen ist. Für diese Haltung habe ich Verständnis bekommen, verbunden mit der Anmerkung, dass das wohl leider ziemlich lange dauern könnte. Das ist mir klar. So ein Prozess, bei dem auch die Bevölkerung gespalten ist, lässt sich nicht mal eben so wieder umkehren. Aber so sehr ich das Land und die Leute mag: Mit jedem Pfund, das ich hier (ich schreibe dies in einem Hotelzimmer in Bristol) ausgebe, finanziere ich diesen Wahnsinn mit. Und das will ich einfach nicht.
Good luck, Great Britain. You're going to need it.