Musik

Yo La Tengo in Paris

(Mit etwas Verspätung - das Konzert fand schon am Freitag statt)

Zwei Mal innerhalb einer Woche mal eben so nach Paris fahren? Der TGV macht's möglich. Eine Woche nach dem alljährlichen Treffen von Präsentations-Experten (das ich noch gar nicht verbloggt habe), stand dieses Mal aber ein Konzert auf dem Plan.

La Cigale La Cigale, den Ort des Geschehens, werde ich ja bis in alle Ewigkeit in erster Linie mit Amanda Palmer in Verbindung bringen. Bei meinem zweiten Besuch dort erwartete mich aber eine Überraschung: Es war bestuhlt. Auf dem Ticket stand "placement libre", was ich als Stehplätze interpretiert hatte, aber man durfte sich einen Sitzplatz aussuchen. Da ich mich nicht allzu spät in die Schlange eingereiht hatte, konnte ich noch einen Platz in der ersten Reihe ergattern. Die Plätze waren allerdings so nah an der Bühne, dass man schon die ganze Zeit über nach oben sehen musste. Ich saß genau vor dem Schlagzeug von Georgia Hubley, das, wie alle anderen Instrumente, am vorderen Bühnenrand aufgebaut war. Was ich dabei nicht bedacht hatte, war das eine Becken des Schlagzeugs, das ich mir die ganze Zeit lang von unten ansehen konnte - und wenn Georgia sang, verschwand ihr Gesicht dahinter.

Angekündigt waren zwei Sets. Ich war davon ausgegangen, dass es ähnlich laufen würde wie beim letzten Mal: Erst ein Schwerpunkt auf Stücke vom neuen Album, dann die alten Sachen. Tatsächlich aber spielte die Band den ganzen Abend über in einem Stil durch und Stücke vom neuen Album (etwa das Cover von "Friday I'm in Love" von The Cure) kamen auch in der zweiten Hälfte vor. Sprich: Der Sinn der Pause erschloss sich nicht wirklich.

Yo La Tengo Zur Musik: Die Band war eher akustisch aufgestellt: James McNew bediente einen Kontrabass, Ira Kaplan wechselte nur zwischen zwei akustischen Gitarren und Georgia's Schlagzeug verzichtete auf eine Bassdrum (ersetzt durch eine Attrappe in Form einer bemalten Scheibe). Als Verstärkung hatten die drei sich Dave Schramm mitgebracht, der dann doch diverse E-Gitarren spielte. Dieses Setup wurde den ganzen Abend über so durchgehalten, was das ganze aber auch etwas statisch erscheinen ließ.

Das aktuelle Album "Stuff Like that There" enthält Cover-Versionen anderer Musiker (wie das erwähnte "Friday I'm In Love") aber auch Neubearbeitungen eigener Stücke, etwa "The Ballad of Red Buckets". Offenbar hatte die Band an diesem Stil Gefallen gefunden und beschlossen, dem Rest des Oeuvres die gleiche Behandlung zukommen zu lassen. So dauerte es ob der radikalen Neubearbeitung manchmal eine Weile, bis man einen Song erkannte. Gleichzeitig war es so viel leiser, als man hätte erwarten können. Die wahrscheinlich lauteste Stelle des Abends markierte "Pass me the Hatchet" (ja, mit Akustik-Gitarre - Dave Schramm spielte nur Support).

Which songs are we going to play? Nach einer Gesamt-Spielzeit von gut 100 Minuten verließ die Band die Bühne, ließ sich aber bald wieder herbeiklatschen. Zu Beginn der Zugaben mussten sie dann aber erst einmal diskutieren, was sie denn spielen könnten, da man ja nicht alle Songs auch schon einmal mit dem vierten Mann gespielt hatte. Das Publikum gab hilfreich Tipps und Wünsche ab und "Autumn Sweater" wurde auch gleich als erste Zugabe aufgegriffen. Die poppig-leichte Version von "Big Day Coming" hat mir besonders gefallen (leider gibt's die wohl nicht als Aufnahme - ich hatte Ira Kaplan hinterher gefragt). Nach insgesamt vier Zugaben verließ die Band unter Standing Ovations die Bühne. Das Cigale spielte schon Musik über die Lautsprecher, die ersten hatten schon ihre Jacken angezogen - da kam die Band doch noch einmal zurück und spielte noch zwei Stücke vor stehendem Publikum. Dann war aber endgültig Schluss.

Ira Kaplan Ich hatte übrigens auch noch einen ganz kleinen "Gastauftritt": Von der Bühne herunter amüsierte sich Ira Kaplan über die T-Shirts, die er in der ersten Reihe sehen konnte: There's Beirut, the band ... And Thailand. I don't know that band. Das Beirut-T-Shirt war meines, erstanden beim Auftritt der Band vor ein paar Wochen, ebenfalls in Paris. Der Typ neben mir trug ein Thailand-T-Shirt, das sich natürlich auf das Land bezog. Als ich mir hinterher ein Autogramm abholte, fragte mich Ira noch, ob es okay gewesen sei, "to be in the show like that". Klar, kein Problem :)

Fazit: Musikalisch nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte. Streckenweise war mir der Stil auch tatsächlich etwas zu kitschig. Vieles hat mir in dieser Art aber auch gefallen.

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