Stereolab live
Wenn die Band nicht zu mir kommt, muss ich eben zur Band kommen. Und so stehe ich an einem Montagabend um halb acht Uhr in Heidelberg auf dem engen Stück Weg zwischen dem Eingang zum Karlstorbahnhof und den Bahngleisen und frage mich, warum Stereolab nach 10+ Jahren im Business immer noch in solchen kleinen Hallen spielen müssen.
Die Vorgruppe namens Four Tet entpuppt sich als einzelner Typ, der wortlos auf die Bühne kommt und beginnt, zwei Laptops und einem Mischpult elektronische Geräusche zu entlocken. Doch, anders kann man es nicht bezeichnen. Bruchstücke von Melodien bilden sich eher zufällig, gelegentlich kommt mal eine Zeit lang ein Beat dazu, aber alles bleibt doch eher bruchstückhaft und hart an der Grenze zum Lärm. All das hält ein Mädel im Publikum trotzdem nicht davon ab, zu dieser Geräuschkulisse zu tanzen.
Nach einer Weile entschließt sich der Künstler dann doch, eher auf Beats zu setzen und ab da wird es dann erträglich. Kurze Kakaphonie-Phasen markieren die Übergänge von einem Beat (Stück?) zum nächsten und zumindest der Abschnitt, der u.a. eine gesamplete Harfe enthielt, hat mir dann doch auch gefallen. Nach vierzig Minuten klappt er seine Laptops zu und verlässt die Bühne, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben.
Nach einer Umbaupause betreten gegen 22:20 Uhr dann endlich meine Heroen die Bühne. Und schon mit den ersten Takten fällt leider auch der schlechte Sound auf. Seit wie vielen Jahrzehnten werden nun schon Rockkonzerte veranstaltet? Und trotzdem hat man den Sound noch immer nicht im Griff.
Den ersten Song kann ich jedenfalls nicht identifizieren (es war "Margerine Melodie") und vom Text verstehe ich auch nicht viel. Mit der Zeit wird es etwas besser (oder vielleicht habe ich mich auch nur daran gewöhnt), aber richtig gut ist der Sound den ganzen Abend über nicht. Schade eigentlich.
Laetitia greift schon gleich beim ersten Song zur Posaune. Alleine die Instrumentierung unterstreicht schon die Ausnahmestellung dieser Band: Die Frontfrau spielt Posaune, hinter ihr stehen zwei Schlagzeuge und der Herr rechts außen (sorry, aber die Band hielt es nicht für nötig, sich vorzustellen) wechselt zwischen Keyboard, Gitarre und diversen Blech-Blasinstrumenten. Nicht zu vergessen Laetitias roter Koffer, den sie dann auch bald öffnet und aus dem sie im Laufe des Abends immer neue Rhythmusinstrumente (Tamburin, Ratsche, ...) hervorzaubert.
Ich werde jedenfalls nie wieder "Diagonals" hören können, ohne das Bild von Laetitia mit ihrer Posaune vor Augen zu haben. Sie und der Herr rechts außen haben den Bläsersatz der Studioversion fast perfekt auf die Bühne gebracht. Einfach nur schön.
Der Schwerpunkt des Abends liegt eindeutig auf dem neueren Material, was ich ein wenig schade finde, da ich es zum einen noch nicht so gut kenne (die aktuelle CD habe ich gerade erst eine Woche vorher bei eBay ersteigert) und ich zum anderen ja eher ein Fan der früheren Phase (bis einschließlich "Emperor Tomato Ketchup") bin. Andererseits sind die Live-Versionen der neuen Stücke aber doch deutlich aufgemotzt worden und kommen eindeutig knackiger rüber als auf CD.
Laaa...
(sie werden doch nicht?) La lune est libre, je crois ...
(doch, sie werden ...) Und warum auch nicht? So ziemlich jede andere Band müsste sich für einen Kitsch-Song wie "Lo Boob Oscilator" ja eigentlich schämen, aber bei Stereolab fügt er sich fast nahtlos ins Ouevre ein.
Nach Cybele's Reverie verlässt die Band die Bühne, lässt sich aber nicht allzu lange zur (geplanten) Zugabe bitten. Laetitia bedankt und verabschiedet sich schon vor den 3 Titeln vom Publikum, da hilft dann anschließend alles Klatschen und Toben nichts mehr - das Licht geht an, das Konzert ist vorbei.
Koly hat die Setlist, die ich gekl..., äh, als Souvenir mitgenommen, gescannt und ihm geschickt habe, zu der Sammlung auf seiner Website hinzugefügt. Netterweise hat er auch gleich die bandinternen Namen der Songs dekodiert (ich hatte mich schon die ganze Zeit über gefragt, welcher Song sich hinter "HB" verbirgt ...).