An Evening with Neil Gaiman and Amanda Palmer in London
(Mit etwas Verspätung - der beschriebene Abend fand bereits am Donnerstag statt)
Amanda Palmer habe ich ja schon zwei Mal live gesehen. Jetzt ist sie schwanger und es ist absehbar, dass sie in nächster Zeit wohl nicht mehr so häufig auftreten oder gar auf Tour gehen wird. Also habe ich die Gelegenheit ergriffen sie noch einmal zu sehen - aber nicht bei einem Konzert sondern bei einem gemeinsamen Abend mit Ehemann Neil Gaiman im Hackney Empire Theatre in London.
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich erwartet habe. Ich habe die CD "An Evening with Neil Gaiman and Amanda Palmer", aber die ist ja schon ein paar Jahre alt und es war nicht zu erwarten, dass sie an diesem Abend wieder das gleiche Programm abspulen würden.
Der eigentliche Hintergrund für den gemeinsamen Auftritt wurde dann auch erst ein paar Tage vorher offensichtlich: Beide hatten zusammen als Gast-Herausgeber eine Ausgabe des Magazins New Statesman vorbereitet, die just zum Zeitpunkt der Show erschien und dann auch mehr oder weniger im Mittelpunkt des Abends stand. Eine Werbeveranstaltung also? Ja, zumindest ein bisschen.
Angesichts des Titels der Ausgabe, "Saying the unsayable", fiel die Grundstimmung des Abends etwas ernster und nicht so heiter-ausgelassen-albern aus, wie die Veranstaltungen auf der CD. Neil Gaiman eröffnete den Abend, indem er seinen Beitrag vorlas: "Credo" ist eine Art Ode an die Macht der Idee, gepaart mit einem klaren und deutlichen Bekenntnis zur Meinungsfreiheit aller - also auch derjenigen, deren Ideen man eben nicht teilt, ja von denen man sich vielleicht sogar angegriffen und beleidigt fühlt:
I believe that you have the absolute right to think things that I find offensive, stupid, preposterous or dangerous, and that you have the right to speak, write, or distribute these things, and that I do not have the right to kill you, maim you, hurt you, or take away your liberty or property because I find your ideas threatening or insulting or downright disgusting. You probably think my ideas are pretty vile, too.
Das Thema wurde später von Gast Andrew O'Neill gewissermaßen demonstriert, denn seine Stand-Up Comedy war bewusst auf Provokation ausgelegt - und erntete die meisten Lacher des Abends.
Andere Gäste (ich bekomme die Reihenfolge schon gar nicht mehr zusammen) waren Roz Kaveney mit einem Gedicht, Mitch Benn mit einem Song über Charlie Hebdo und Hayley Campbell, die ihren Beitrag aus dem New Statesman vorlas, in dem es darum ging, was wohl wäre, wenn alle gelöschten und nicht versendeten Tweets und E-Mails plötzlich versehentlich veröffentlicht würden.
Zwischen den Gastbeiträgen plauderten Neil und Amanda zumeist miteinander, mal über ernste, mal weniger ernste Themen. Amanda steuerte natürlich auch ein paar Songs bei: The Killing Type am Klavier, Bigger on the Inside auf der Ukulele.
Gegen Ende gab es dann so etwas wie eine Podiumsdiskussion mit allen Gästen und als diese irgendwann zu ernst zu werden drohte, unterbrach Amanda mit Wer will Neil Gaiman singen hören?
Selbiger wehrte sich auch nicht groß dagegen (nur, dass die anderen Gäste auch mit auf der Bühne waren, schien ihm etwas unangenehm zu sein) und so trug der Autor "I Google You" vor.
Zum Abschluss des Abends gab es, schon fast unvermeidlich, Amanda's "Ukulele Anthem", die sie allerdings an einer Stelle unterbrechen musste. Neil Gaiman wollte hilfreich die Lücke füllen und trat ans Mikrofon, aber Amanda rief
Quick, somebody tell a joke!
worauf Neil nur trocken bemerken konnte I'm an author. I don't tell jokes.
Bevor man sich richtig besann, dass man ja auch zwei Comedians auf der Bühne hatte, war Amanda aber schon wieder einsatzbereit und konnte den Song zu Ende bringen.
Kleine Enttäuschung noch hinterher: Es gab keine Gelegenheit, die beiden noch zu treffen oder gar eine Unterschrift zu bekommen (ich hatte extra mein Exemplar von Amandas Buch, The Art of Asking, mitgebracht). Am Merchandising-Stand konnte man immerhin signierte Exemplare der bewussten Ausgabe des New Statesman erwerben. Die Liste der Gastautoren ist wirklich beeindruckend: Stephen Fry, David Byrne, ein Interview von Neil Gaiman mit Bill Gates und noch einige mehr. Das verspricht interessante Lektüre.
Insgesamt ein eher nachdenklicher als unterhaltsamer Abend, dem vielleicht ein oder zwei Songs mehr gut getan hätten. Aber, wie auch während des Abends schon anklang, so viele Songs, die zum Thema gepasst hätten, gibt es dann auch wieder nicht.