Politik

Vierte Neue Stuttgarter Abendgespräche

Zwei Jahre nach den Enthüllungen über die massive und anlasslose Überwachung praktisch der gesamten Bevölkerung des Planeten durch die NSA und andere Geheimdienste wurde noch immer nicht wirklich viel dagegen unternommen. Vielmehr sah es ja zeitweise so aus, als würde das Thema nach einem kurzen Aufschrei der Empörung wieder in der Versenkung verschwinden. Dagegen kämpfen wir in Stuttgart mit den No-Spy-Konferenzen (früher PrismCamp), den Neuen Stuttgarter Abendgesprächen und anderen Aktionen an.

Aktuell ist das Thema ja zum Glück wieder mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt, durch den Entwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung und die zweifelhafte Zusammenarbeit des BND mit der NSA, Stichwort "Selektoren".

Bei der vierten Veranstaltung in der Reihe Neue Stuttgarter Abendgespräche, mit der wir jedes Mal einen Teilaspekt der Überwachung beleuchten wollen, war am Dienstag Carsten Ulbricht, Rechtsanwalt aus Stuttgart, zu Gast. Ziel war, die rechtlichen Aspekte des Problems einmal näher zu betrachten.

Kurz gesagt hat Carsten einen guten Job gemacht und die teils etwas ungestümen Pläne einiger, wen man denn wie und warum alles verklagen könnte, auf den Boden der Tatsachen und der Gesetze zurück geholt. Leider, so stellt sich heraus, ist es zwar so, dass viele der aufgedeckten Tätigkeiten der in- und ausländischen Geheimdienste zwar offensichtlich oder zumindest vermutlich gegen Gesetze verstoßen - allein das Problem ist, das zu beweisen oder eine direkte Betroffenheit nachzuweisen, die überhaupt erst die Voraussetzung für eine Klage ist.

Man wird also nicht mal eben so Angela Merkel wegen (Beihilfe zum) Landesverrat verklagen können. Und selbst dort, wo es Ansatzpunkte gibt, muss sich erst jemand finden, der oder die bereit ist, den voraussichtlich langwierigen Rechtsstreit aufwandstechnisch und finanziell durchzustehen. Dort, wo das vielleicht noch Aussicht auf Erfolg hätte (etwa beim BND, wo offenbar Vorgesetzte die Bedenken der BND-Datenschutzbeauftragten bewusst ignorierten) stellt sich die Frage nach dem Effekt - das System ändert sich nicht, wenn ein Mitarbeiter aus den unteren Rängen verurteilt wird.

Klagen, welcher Form auch immer, lösen alleine das Problem nicht. Sie können allenfalls, wegen der zu erzielenden Publicity, Teil einer weiter reichenden Bewegung sein mit dem Ziel, Druck auf die Politik auszuüben. Und genau das machen wir ja in Stuttgart: Wir bringen die Diskussion zurück in die Gesellschaft, besuchen Politiker in deren Sprechstunden und organisieren Events und Konferenzen. Das ist alles weniger glamourös als eine Klage gegen die Bundeskanzlerin, aber letzten Endes Erfolg versprechender.

Vielen Dank an Carsten Ulbricht für die klare und deutliche Einordnung und Einschätzung.

Die nächsten Neuen Stuttgarter Abendgespräche finden am 12. Juni zusammen mit der Auftaktveranstaltung für die 3. No-Spy-Konferenz statt. Referent ist Prof. Ortwin Renn von der Universität Stuttgart.

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