Politik

Neue Stuttgarter Abendgespräche, die Erste

Wenn man für eine Veranstaltung keine Anmeldung vorsieht und sie zudem zum ersten Mal stattfindet und auch noch kostenlos ist, ergibt sich natürlich eine gewisse Ungewissheit: Wieviele Besucher werden wirklich kommen? Andererseits schien es aber gerade für eine Veranstaltung zum Thema Überwachung und Datensammlung nicht angemessen, nun noch mehr Daten in Form von Anmeldedaten zu sammeln ...

Erfreulicherweise ist es gut gegangen und es fanden sich gut 30 Personen zu dem Vortrag von Peter Welchering zum Thema "Unsere tägliche Überwachung gebt uns heute - Warum Geheimdienste uns flächendeckend überwachen" ein.

Peter Welchering ist Journalist und hat so seine Erfahrungen mit Recherchen in sensiblen Bereichen gemacht, an denen er uns auch teilhaben ließ. Immer wieder verstand er es, eigene Erlebnisse und Begegnungen der überwachenden Art in seinen streng logisch gegliederten Vortrag einfließen zu lassen. Selbst wenn man den einen oder anderen Vorfall als Zufall oder vielleicht sogar als Paranoia abtun wollte - in der Summe mussten Sie einfach nachdenklich machen.

Inhaltlich analysierte Peter Welchering messerscharf die Methoden und die Motivation und brachte sie auf zwei Punkte: Zum Einen ist die Motivation, den Status Quo zu erhalten - und dazu muss man eben wissen, was die Bürger gerade beschäftigt und wo es brodelt und potenziell aufbricht. Zum andern geht es schlicht ums Geld. Rund um die Überwachung hat sich längst eine eigene Industrie von Dienstleistern und Zulieferern etabliert, die natürlich bemüht sind, diese Einnahmequellen zu erhalten. Insofern dient ein Teil des Apparats auch einfach der Selbsterhaltung.

Die anschließende Diskussion verlief erwartungsgemäß lebhaft und berührte viele verschiedene Teilaspekte. Erfreulich war auch die Mischung des Publikums, was etwa deutlich wurde, als angesprochen wurde, ob man zu dem Thema nicht in Schulen aufklären müsste, so wie es ja auch Sexualaufklärung und Verkehrssicherheitstraining an Schulen gibt. Ein Teilnehmer erwähnte, dass der CCC so etwas anbietet. Prompt fand sich auch jemand, der genau diese Art von Aktion an Schulen schon durchgeführt hatte und ein Lehrer konnte beitragen, wo im Lehrplan man das Thema ggfs. aufhängen könnte.

Auch die ältere Generation war vertreten - eine Dame erzählte, dass sie gewissermaßen von ihren Freundinnen "vorgeschickt" worden war, um sich das Ganze einmal anzuhören.

Und das war ja auch das Ziel der Veranstaltung gewesen: Das Thema in die Bevölkerung zu tragen und zu zeigen, dass es hier Menschen gibt, die versuchen, etwas zu tun. Diese Hilflosigkeit kam auch in der Diskussion zur Sprache: Wirklich glücklich ist mit der Überwachung niemand. Sie wird allenfalls als notwendiges Übel hingenommen - "wenn's denn sein muss, damit wir sicherer sind". Und natürlich der Klassiker: "Ich kann doch eh nichts dagegen machen." Wenn wir es schaffen, diese Leute zu erreichen (und ein paar waren ja an diesem Abend schon da), dann gelingt es vielleicht doch, etwas zu erreichen. Und, wie auch betont wurde, es muss sich ja nicht eine Mehrheit der Bevölkerung nun aktiv gegen die ausufernde Überwachung aussprechen - es reicht, wie man ja von anderen Themen weiß, wenn sich eine kleine aber lautstarke Minderheit findet. Und da kann man ja noch optimistisch sein, dass das auch gelingt.

Zusammenfassend also ein durchaus gelungener Abend. Nun gilt es vor allem, das Moment zu erhalten. Dazu bietet sich das zweite PrismCamp vom 10.-12. Oktober an. Und natürlich soll es auch mit den Neuen Stuttgarter Abendgesprächen weitergehen. Leider war ich in letzter Zeit so sehr im Stress (u.a. mit Vorbereitungen rund ums TEDxStuttgart), dass ich nicht gleich einen Folgetermin ankündigen konnte. Anstreben würde ich die zweite Novemberhälfte. Sobald ich etwas Luft habe, werde ich mich verstärkt darum kümmern.

Mein Dank geht an Peter Welchering für den sehr aufschlussreichen Vortrag, an die MFG für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und natürlich an die Teilnehmer, fürs Kommen und für die fruchtbare Diskussion.

Nachtrag: Die Präsentation von Peter Welchering kann beim DJV BW heruntergeladen werden.

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