Alltag

WikiStage ESCP Europe (Paris)

Nicht einmal zwei Wochen nach unserem TEDxStuttgart finde ich mich auf einer ähnlichen Veranstaltung in Paris wieder: WikiStage ESCP Europe.

Die Ähnlichkeit zu TEDx ist nicht zufällig: Ein Team von Studenten hatte letztes Jahr ein TEDx an der École Supérieure de Commerce de Paris (ESCP) ausgerichtet. TEDxESCP war ein Erfolg, aber das Team fühlte sich durch die zahlreichen TEDx-Regeln zu sehr eingeschränkt und beschloss: "Das können wir auch selbst machen." Und so entstand die Idee zu WikiStage.

Im Mittelpunkt stehen auch hier kurze, knackige Vorträge zu vielen verschiedenen Themen und Themengebieten. Die Unterschiede zum TEDx-Konzept sind vor allem:

  • Jeder WikiStage-Talk beantwortet eine Frage. Die Idee - und hier kommt das "Wiki" im Titel wieder ins Spiel - ist, eine Online-Bibliothek von Videos aufzubauen, von denen jedes eben eine bestimmte Frage beantwortet.
  • Talks gibt es in zwei Längen: 6 Minuten und 12 Minuten.

Auch für das Event selbst gibt es verschiedene Formate: Da wäre die WikiStage Conference, die am ehesten einem TEDx vergleichbar ist. WikiStage Session ist ein kleineres Format - kürzer, mit weniger Talks und weniger Zuschauern. Und schließlich gibt es noch ein Format ohne Zuschauer, WikiStage Studio, wo die Talks in einem Filmstudio direkt aufgezeichnet werden.

Ansonsten kann man auch für WikiStage eine Lizenz beantragen und so ein Event in seiner Stadt veranstalten. Erste WikiStage-Events gab es, außer in Paris, schon in Afrika und eine Reihe anderer sind geplant, u.a. auch in den USA.

WikiStage ESCP ist also die Keimzelle der WikiStage-Bewegung und daher wollte ich mir das einmal live ansehen. Außerdem kenne ich einige der involvierten Personen, neben "Mr. WikiStage", Johannes Bittel, vor allem die Crew von Ideas on Stage, der Agentur von Phil Waknell und Pierre Morsa, die auch dieses Mal wieder viele der Speaker gecoacht haben.

Mit (geplant) 16 Speakern stand ein strammes Programm für die 6 Stunden an. Wie so oft kam aber dem einen oder anderen etwas dazwischen - davon können wir bei TEDxStuttgart ja auch ein Lied singen. Eine Speakerin hatte abgesagt, ein anderer musste noch am Morgen seine Frau ins Krankenhaus begleiten - Nachwuchs war unterwegs. Und Kaycie Chase, die das Event musikalisch eröffnete, konnte nicht selbst zur Gitarre greifen, da sie sich an der Hand verletzt hatte.

Vom Präsentationscoach (Phil Waknell musste gleich zweimal ran) über einen Reporter, einen Anwalt, eine ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlament, einen Genetiker, einen Historiker und noch diversen anderen Experten ihres jeweiligen Fachgebiets war aber trotz der Ausfälle immer noch für viel Abwechslung gesorgt.

Dank des Coachings waren die meisten Beiträge auch sehr gut. Letzten Endes hilft aber manchmal alles Coaching nicht, wenn der Speaker auf der Bühne dann nicht von seinem Laserpointer lassen kann. Oder meint, auf die angebotene Hilfe verzichten zu können und mit hoffnungslos überladenen Folien aufkreuzt.

Mein Lieblingstalk war der Beitrag von Kriegsberichterstatter Diego Buñuel, der eindrücklich deutlich machte, dass uns das Schicksal Einzelner mehr berührt als erschreckende, aber kalte Statistiken über soundsoviele Tote, die es in irgend einem Krisengebiet heute wieder gegeben hat.

Schön fand ich auch die Idee von Jaqueline Fendt, die über Serendipity (etwa: glücklicher Zufall) sprach, dies gleich praktisch umzusetzen: Sie ließ Visitenkarten der Anwesenden einsammeln und verteilte sie beim Rausgehen wieder ans Publikum. Jetzt hat jeder eine zufällig ausgewählte Person, den oder die man nun bitte auch kontaktieren soll. Und wer weiß, was sich daraus ergibt.

A propos: Zufälle gab's auch schon beim Verteilen. Marion Chapsals Tochter bekam die Karte ihrer Mutter und ich die von Christina O'Shaughnessy, die ich schon von anderen Events in Paris kenne. In beiden Fällen gab's dann natürlich neue Karten.

Die Hälfte der Talks war in Englisch, die andere Hälfte in Französisch. Mit letzterer Hälfte hatte ich so meine Probleme - wie schlecht mein Französisch wirklich ist, wurde mir da erst wieder schmerzlich bewusst. Dass ich keinen vollständigen Satz herausbringe, war mir ja bekannt. Aber auch beim Verstehen hapert es mittlerweile ganz gewaltig - das war schon mal besser, braucht also wohl dringend eine Auffrischung.

Am ehesten konnte ich noch Catherine Lalumière, der Politikerin, und Gérard Haas, dem Anwalt, folgen. Beim Tempo von Hadj Khelil konnte ich dagegen nicht mithalten und seine Scherze gingen folglich auch komplett an mir vorbei - frustrierend, wenn alles lacht, man selbst aber nur Bahnhof versteht.

Trotz solcher Problemchen - die ja an mir lagen und nicht an den Speakern - war es ein unterhaltsamer und interessanter Nachmittag. Vielleicht schon fast wieder ein bisschen zu viel - in der zweiten Pause konnten sich Christina und ich schon nicht mehr an die Speaker der ersten Session erinnern.

Es war jedenfalls schön, alte und neue Bekannte zu treffen und das WikiStage-Format einmal live zu erleben. Ich fange ernsthaft an, über einen Versuchsballon in Stuttgart nachzudenken. Vielleicht eine WikiStage Session, so zum Einstieg?

Creative Commons Licence "WikiStage ESCP Europe (Paris)" by Dirk Haun is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International Licence.

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WikiStage ESCP Europe (Paris) | 2 Kommentar(e) | Neuen Account anlegen
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WikiStage ESCP Europe (Paris)
Autor: Robert am Montag, 01. Dezember 2014, 16:36 Uhr
Hey Dirk!

Habt ihr inzwischen ein WikiStage Event in Stuttgart gemacht?

Ich selbst kenne WikiStage seit einer Weile und mir ist es eher ein Dorn im Auge. Nach TedX, ist WikiStage eher eine abkehr von freier Bildung. Die Lizenz ist proprietär und garantiert keinesfalls freien Zugang zum Wissen. Siehe mein Post dazu: http://blog.riemann.cc/2014/05/08/que...wikistage/

Dagegen ist dein cc-lizensiertes Blog ein Beispiel, bei dem sich WikiStage noch etwas abschauen kann.
WikiStage ESCP Europe (Paris)
Autor: Dirk am Montag, 01. Dezember 2014, 21:59 Uhr

Hallo Robert,
zu einem WikiStage in Stuttgart hat es bisher noch nicht gereicht. Daher hatte ich mir auch die Sache mit der Lizenz noch nicht angesehen. Guter Hinweis, vielen Dank! Dem würde ich auf jeden Fall nachgehen, bevor wir so ein Event durchziehen.