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TEDxMünchen "Good News"

Als kleine Belohnung für unser gelungenes TEDxStuttgart hatte sich das Team einen Ausflug zu den Kollegen nach München gegönnt. TEDxMünchen gehört zum deutschen "TEDx-Imperium" von Stephan Balzer, der auch TEDxBerlin und TEDxFrankfurt mitorganisiert. Für uns war es also - neben den Talks - auch interessant mal zu sehen, was unsere erfahreneren Kollegen so auf die Beine stellen.

Das Motto von TEDxMünchen passte gut in die Zeit: "Good News" wollte man verbreiten. Die schlechte Nachricht der letzten Woche konnte aber keiner so wirklich ignorieren. Am meisten Arbeit damit hatte Andreas Graefe von der Plattform PollyVote, die nämlich prompt auch den Ausgang der US-Wahl falsch vorhergesagt hatte. Und so musst er seinen Talk kurzfristig noch einmal umbauen und versuchen zu erklären, warum die Demographen so daneben gelegen hatten.

Wolfgang Krach von der Süddeutschen Zeitung berichtete, wie die Panama Papers vor der Veröffentlichung journalistisch aufgearbeitet worden waren - unter anderem mit Computer-Einsatz. Das passte dann zum KI-Thema von Ulrich Eberl. Und "Big Data" und Algorithmen werden auch für Musik immer wichtiger, wie in dem Talk von Kwinten Crauwels deutlich wurde, der versucht hatte, die Beziehungen zwischen Musikstilen visuell darzustellen, um damit in Zukunft vielleicht einmal bei Empfehlungen helfen zu können.

Warum der traditionelle runde rote Teppich, auf dem die Speaker stehen, dieses Mal etwas, na ja, nicht so perfekt aussah, klärte sich in dem Talk von Lara Wernert. Er war nämlich aus Stoffresten gefertigt worden, die bei der normalen Produktion von Textilien anfallen und normalerweise weggeworfen werden. Eine sehr nervöse Elisabeth Hahnke berichtete, warum sie die Initiative "Rock Your Life" gegründet hat. Jona Christians erzählte die Geschichte von seinem selbstgebauten Solar-Auto und Christiane Heinicke von ihrem Jahr auf dem Mars - bzw. in einer simulierten Mars-Umgebung an einem Vulkan auf Hawaii. Fabian Wichmann erzählte noch einmal die schon bekannte Geschichte von der Aktion, bei der Neonazis in Wunsiedel unfreiwillig für eine Aktion zum Ausstieg aus der Neonazi-Szene marschiert sind, wie sie zustande kam und wie er derzeit eine ähnliche Aktion gegen Hasskommentare bei Facebook organisiert. Es gab eine, äh, Meditations-Session und etwas - vielleicht zu wenig schwungvolle - Musik zum Abschluss.

Meine persönlichen Favoriten habe ich mir für den Schluss aufgehoben: Tony Hawks (nein, nicht der Skateboarder, sondern ein britischer Autor) ist per Anhalter einmal rund um Irland getrampt - mit einem Kühlschrank als Gepäck. Das Ganze war eine ausgesprochen alberne Wette, die aber im Laufe der Aktion eine Eigendynamik entwickelte und aus der er einige schöne Lehren ziehen konnte. Jodie Patterson hatte sich eigentlich schon mit dem traditionellen Rollenbild arrangiert (sie: Mutter, der Mann: Ernährer). Doch nachdem ihre kleine Tochter erklärte, sie wäre in Wirklichkeit ein Junge, musste sie sich mit dem Thema Gender und seinen vielfältigen Aspekten auseinandersetzen. Und sie tut das in einer Gründlichkeit, die sich auch darin ausdrückt, dass sie ihre Familie (mit fünf Kindern) als "Labor" bezeichnet. Zum Abschluss (vor der Musikeinlage) stellte Aubbrey de Grey die Forschung an Alterskrankheiten in Frage. Seiner Ansicht nach gibt es zwischen Altern und Alterskrankheiten keinen Unterschied, sie sind beides nur Auswirkungen gewisser Abnutzungserscheinungen des Körpers und seines Stoffwechsels. Er und seine Forscherkollegen sind der Meinung, dass man durch entsprechende, richtig angesetzte, Reparaturmaßnahmen nicht nur die Alterskrankheiten sondern eben auch das Altern als solches wenn schon nicht heilen so doch zumindest deutlich abschwächen könne.

Von den Speakern und Themen her also ein bunter und inspirierender Mix, wie man es von einem TEDx eben erwarten kann. Und natürlich waren nicht alle Talks auf meiner Wellenlänge - auch das gehört dazu. Man geht zu einem TEDx auch, um einmal Themen ausgesetzt zu werden, die man im Internet einfach wegklicken würde.

Mit den Kammerspielen hatten die Kollegen von TEDxMünchen wohl zum ersten Mal ein Theater als Location gewählt und äußerten sich begeistert. Wir sind mit TEDxStuttgart ja schon durch einige Theater gezogen, da wir damit auch immer gute Erfahrungen gemacht haben.

Organisatorisch hatte man sich wohl viele Optionen offen gelassen. Noch kurz vor dem Event wurde uns per E-Mail mitgeteilt, dass das TEDxMünchen statt wie angekündigt um 18 Uhr erst um 18:45 Uhr zu Ende sein würde (einige von uns hatten aber ihre Rückfahrt schon entsprechend geplant und mussten das Event daher vorzeitig verlassen). Im Booklet taucht ein Speaker auf, der nicht anwesend war (und dessen Abwesenheit auch nicht erklärt wurde) und die Reihenfolge der Talks, die auf den Namensschildern gedruckt war, stimmte nicht mit der tatsächlichen Abfolge überein. Aber das sind Dinge, die niemanden wirklich gestört haben. Bei einem Event mit (dann noch) 14 Speakern muss man eben auch immer mit dem Unerwarteten rechnen.

Apropos rechnen: Mit 119 Euro waren die Ticketpreise schon recht happig (aber es war ausverkauft). Und wenn man sich nicht mit Brezeln zufrieden geben wollte, kam dazu noch das Essen an einem der Food-Trucks vor der Location. In Stuttgart, so mein Eindruck aus früheren Preisdiskussionen, würden wir damit wohl nicht durchkommen.

Gratulation an das Team von TEDxMünchen zu einem gelungenen Event mit vielen abwechslungsreichen, unterhaltsamen und inspirierenden Talks. Wir haben einige Anregungen für unsere Events mitgenommen und auch einige Punkte - und das meine ich gar nicht negativ - die wir beim TEDxStuttgart bewusst anders machen wollen. Ein TEDx ist, wie es in der Fussnote ja auch immer heißt, eben ein "independently organized TED event", und jedes setzt eben auch seine eigenen Schwerpunkte.

Creative Commons Licence "TEDxMünchen "Good News"" by Dirk Haun is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International Licence.

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