Prometheus - Prequel oder nicht Prequel, das ist hier die Frage
Da ich ja bekanntlich nicht so oft ins Kino gehe, habe ich "Prometheus" erst jetzt gesehen, nachdem der Film auf DVD erschienen ist.
Dass der Film ein Problem hat, sieht man schon am Cover: Es zeigt drei Gesichter und ein Raumschiff. An Beliebigkeit ist das schon fast nicht mehr zu unterbieten. Okay, es ist ein Science Fiction-Film. Aber worum geht es? Das Filmplakat (siehe Wikipedia) ist etwas besser, aber die Bedeutung des überdimensionalen Kopfes wird im Film ja auch nicht weiter beleuchtet. Das ist alles kein Vergleich zum "Kult"-Filmplakat des ersten Alien-Films.
Legendär ist auch der Elevator Pitch für Alien. Offenbar hat man in Hollywood ein einfaches aber wirkungsvolles System entwickelt, um die Entscheidungsträger überhaupt erst einmal dazu zu bewegen, ein Drehbuch zu lesen: Man vergleicht den vorgeschlagenen Film mit einem schon gedrehten, erfolgreichen Film. Der Elevator Pitch für Alien war demnach: 'Der weiße Hai' in einem Raumschiff.
Das klingt trivial, aber wenn man etwas darüber nachdenkt, steckt wirklich alles was man wissen muss schon in diesen wenigen Worten: Offenbar ist es ein Science Fiction-Film. Es geht nicht um eine heile Zukunft sondern es ist wohl ein Horror-Streifen. Und so weiter. Und selbst der Bühnendesigner kann mit diesem Elevator Pitch schon etwas anfangen: Wie wird wohl das Raumschiff in einem solchen Film aussehen? Sauber und steril wie die Enterprise? Oder unordentlich und mit dunklen Ecken? Irgendwo muss sich das Monster ja verstecken ...
Da frage ich mich natürlich, wie wohl der Elevator Pitch für Prometheus lautet. Wahrscheinlich etwas in der Art Ein Prequel zu 'Alien'
. Dann haben sich alle auf die Schultern geklopft und niemand hat bemerkt, dass dieser Pitch keine Geschichte erzählt - ganz im Gegensatz zum Original.
Der Film lüftet das Geheimnis der "Space Jockeys" aus dem ersten Alien-Film. Gegen Ende hin wird sogar die Pose, in der die Crew der Nostromo deren Überreste gefunden hat, zitiert. Gleichzeitig wirft der Film aber auch eine große neue Frage auf - und verschiebt die Antwort ungeniert auf eine mögliche Fortsetzung. Das macht die Aussage, dass Prometheus als Film auch für sich alleine stehen könne doch unglaubwürdig. Zwar kann man Prometheus auch ohne Kenntnis des ersten Alien-Films ansehen, aber es wird einem dabei so manche Anspielung entgehen.
In vielen Szenen erinnert und zitiert Prometheus aus den Alien-Filmen. Gerade bei den Horror-Szenen funktioniert das aber nicht wirklich gut. Man weiß schon im Voraus, dass die Person in ihr Verderben rennen wird und fragt sich ohnehin ständig, wie ein Mensch eigentlich so unvorsichtig sein kann. Da sind Forscher und Techniker zum ersten Mal auf einem fremden Planeten und sie müssen alles was sie finden gleich betatschen. Die einzige Spannung ist dann meist nur noch, ob man das Alien oder eine seiner Vor-Formen erkennen wird.
Die Showdown-Szenen am Ende enthalten einige Ärgernisse. Wenn die beiden Frauen vor dem abstürzenden Raumschiff weglaufen, fühlt man sich an ähnliche Szenen aus Cartoons erinnert - und fragt sich, warum sie eigentlich nicht zur Seite laufen. Der letzte Engineer dringt in das Fluchtraumschiff ein - und, schwupps, hetzt Shaw den überdimensionalen Facehugger auf ihn. Da fehlt doch etwas? Und tatsächlich wurde da, laut Wikipedia, eine Kampfszene zwischen Shaw und dem Engineer geschnitten. Die Abruptheit hat die Szene aber nicht verbessert. Schade auch, dass die fehlende Sequenz nicht wenigstens als Deleted Scene bei den Extras mitgeliefert wird.
Ganz am Ende hat dann doch auch das Alien noch seinen Auftritt. Es schlüpft, voll ausgewachsen, aus dem Körper des Engineers. Wie es da, inkl. des riesigen Kopfes, eigentlich hinein gepasst haben soll, sollte man wohl besser nicht fragen.
Zufällig habe ich gerade eine Analyse der typischen Heldensaga gelesen, deren Elemente sich auch in Prometheus wieder finden: Der Mentor, der Weg zur Höhle des Drachen, die Konfrontation und der Sieg, die erneute Konfrontation als schon alles überstanden scheint ... Prometheus hält sich weitgehend an diesen Ablauf. Zwar weicht der Film in Details auch wieder vom klassischen Schema ab (der Mentor ist nicht wirklich "gut" sondern hat nur seine eigenen Interessen im Sinn), aber letzten Endes bleibt dies ohne Konsequenzen.
Elizabeth Shaw entwickelt sich im Laufe des Films zur über-toughen Heldin, von der sich selbst Ripley noch eine Scheibe abschneiden könnte. Sie ist, neben dem Androiden David, auch die einzige interessante Figur im Film. Der Rest der Mannschaft bleibt merkwürdig blass, angefangen bei der Kommandantin bis hin zum Captain, dessen Kamikaze-Einsatz am Ende den Zuschauer nicht sonderlich berührt. Die restlichen Figuren sind eh nur Kanonenfutter.
Das Drehbuch musste im Laufe der Jahre so manches Hin und Her aushalten, wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Das erklärt wohl so manche Unstimmigkeit und den Mangel an einem klaren Sinn. Mal sollte Prometheus ein Prequel werden, dann wieder nicht, am Ende wohl doch wieder, zumindest ein bisschen ...
Prometheus funktioniert als Popcorn-Kino - man hat, trotz aller Kritik, nicht das Gefühl, dass man zwei Stunden verschwendet hätte. Als Prequel (oder auch nicht) zu Alien funktioniert der Film aber nicht bzw. nervt oft auch einfach, weil er immer wieder Dinge zitiert und sich dann doch gleich wieder davon zu distanzieren versucht.
Versucht man den Film in die Alien-Reihe einzuordnen, fallen einige Ungereimtheiten auf. Wenn das am Ende des Films das erste Alien war, wie ist es bzw. seine Nachkommen dann auf den Planeten gekommen, auf dem die Nostromo gelandet ist? Dass man, vor der Reise der Nostromo, auf der Erde nichts über diese Lebensformen weiß, erklärt sich damit, dass Elizabeth Shaw am Ende ja nicht zur Erde zurückkehrt. Fragt sich dort aber niemand, was aus ihren Forschungsergebnissen (die sie ja überhaupt erst zu diesem Planeten geführt haben) und aus der Prometheus geworden ist?
Bonuspunkte sammelt der Film eher noch am Anfang, vor allem wenn David sich Lawrence von Arabien ansieht (und hoffentlich kommt in Hollywood jetzt deswegen niemand auf die Idee zu einer Neuverfilmung). Ansonsten: Prometheus muss man nicht gesehen haben. Wenn man die Alien-Filme kennt, ist er etwas interessanter. Immerhin schafft er es, ein paar offene Fragen aus den alten Filmen zu klären, ohne allzu viele Ungereimtheiten in die Alien-Storyline einzuführen.