Laurie Anderson in Ludwigsburg
Argh, wieso habe ich es eigentlich nicht vorher mitbekommen, dass Laurie Anderson nicht nur für ein, sondern gleich für zwei Konzerte in die Region kommt? Erst letzte Woche habe ich zufällig ein Plakat in einer S-Bahn-Station gesehen. Da war der Auftritt in Stuttgart natürlich längst ausverkauft und für den in Ludwigsburg gab es nur noch Plätze auf den hinteren Rängen. Nun gut, immer noch besser, als sie ganz zu verpassen.
Laurie Anderson habe ich zum ersten und bisher einzigen Mal in der Liederhalle gesehen - das war 2001, also doch schon eine Weile her. Das war damals ein ganz normales Konzert, wenn auch mit vielleicht etwas ungewöhnlichen Stücken. Dass für diesen Abend etwas ganz anderes zu erwarten war, deutete sich schon mit der Besetzung und mit dem Titel "Song Conversation" an.
Der Gastgeber erklärte dann auch, dass es dieses Konzert in dieser Form genau zwei Mal geben würde und dann nicht mehr - am Vorabend in Stuttgart und eben an diesem Abend in Ludwigsburg. Die drei Musiker, neben Laurie Anderson noch Nik Bärtsch am Klavier und Percussion sowie Eivind Aarset an der Gitarre und zuständig für diverse Soundeffekte, hätten sich vorher auch noch nie zu dritt getroffen - es gab nur Kontakte zwischen je zwei von ihnen.
Auch wurden wir gebeten, nicht zu fotografieren und eine Pause gäbe es auch nicht (wie ich der Stuttgarter Zeitung entnehme, war für den ersten Auftritt eine geplant gewesen, hatte dann aber zugunsten der Gesamtstimmung doch nicht stattgefunden).
Sagen wir es so: Es war für das Publikum an diesem Abend nicht immer einfach. Wir saßen anderthalb Stunden lang im Dunkeln und bemühten uns, möglichst jedes Geräusch zu vermeiden. Dazu gehörte auch der Applaus, denn die gespielten Stücke gingen alle ineinander über und ließen Beifall erst gar nicht zu. Und wie bei dieser Besetzung nicht anders zu erwarten, waren erkennbare Melodien eher die Ausnahme - meist gab es eher schwebende Klänge, ein bisschen Rhythmus (von Nik Bärtsch gerne auch durch direkte Eingriffe in seinen Flügel produziert) und über allem hauptsächlich Laurie Andersons E-Geige.
Gespielt wurden Stücke aller drei anwesenden Musiker, von denen ich gerade einmal drei von Laurie Anderson erkannte:
- Die Geschichte von Hänsel und Gretel in Berlin und dem Engel namens Fortschritt (The Dream before, von Strange Angels), übrigens teilweise auf Deutsch vorgetragen.
- Die Geschichte von der Frau, die sich in eine Schlange mit Beinen verliebte (Langue d'Amour, von Mister Heartbreak).
- Die Geschichte von den Vögeln, die schon vor dem Land existierten und daher ständig in Kreisen fliegen mussten (The Beginning of Memory, von Homeland).
Irgendwo dazwischen war wohl auch noch ein Stück von Lou Reed (natürlich!), aber ich habe es nicht erkannt. Zum offiziellen Abschluss gab es "Bird on a Wire" (eine Coverversion von Leonard Cohen), danach noch eine Instrumental-Zugabe bevor endgültig Schluss war.
Fazit: Das war eindeutig mehr Kunst als Unterhaltung und aufgrund des Formats sicher keine leichte Kost. Gleichzeitig aber auch ein Ereignis, das ich auf gar keinen Fall hätte verpassen wollen.
Heute Abend musikalische Zeitreise in die Jugend: Laurie Anderson in Ludwigsburg!
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— Zündholz (@BenteleMka) May 22, 2015