Musik

Jesu/Sun Kil Moon in Paris

Update 2021: Ich muss leider auf diesen Pitchfork-Artikel über Mark Kozelek hinweisen.

(Mit einiger Verspätung - das Konzert fand schon am Montag statt)

Kann man das eigentlich ein Konzert nennen? Es war eher eine Lesung, angesetzt zu Musik. Immerhin flotter, gelegentlich auch lauter, Musik.

Nachdem Mark Kozelek die letzten Jahre zuerst Solo, dann wieder unter dem Namen Sun Kil Moon vor allem radikal abgespeckte Musik zum Besten gegeben hatte (oft nur seine Stimme mit akustischer Gitarre, und das im Zeitlupentempo), ging es zuletzt ja langsam wieder aufwärts, wie die beiden letzten Alben Benji und Universal Themes zeigten. Das aktuelle Album trägt sowohl den Titel als auch den Bandnamen "Jesu/Sun Kil Moon". Jesu ist eigentlich die Band von Justin Broadrick, der auch in Paris mit auf der Bühne stand. Am Schlagzeug fand sich zudem mit Steve Shelley von Sonic Youth ein altgedienter Profi.

Zunächst einmal gab es im Le Divan du Monde einen Opening Act in Form eines bärtigen jungen Mannes, der E-Gitarre spielte und sich "My Name is Nobody" nannte. Etwas spröde und kopflastig war's vielleicht.

Mark Kozelek Anders als beim letzten Mal, als Mark Kozelek die ganze Zeit über saß, hatte er dieses Mal sehr viel Bewegung und auch mehrmals den Drang, sich direkt an den Bühnenrand zu stellen. Dass der Mikrophon-Ständer sich bis zu seinem Auftritt langsam aber stetig zu Boden geneigt hatte, bot ihm eine Gelegenheit für einen Opening Gag, aber bald wurde das gute Stück ganz aus dem Weg geräumt.

Dafür war ein Notenständer ein unerwartet wichtiges Utensil an diesem Abend. Die Songs vom neuen Album sind nämlich derart textlastig, dass der gute Mark sehr viel ablesen musste. Das kollidierte manchmal mit dem Bewegungsdrang und dann wurde der Notenständer kurzerhand angehoben und über die Bühne getragen.

Zur Begrüßung hatte sich Mark auch gleich einmal eine Frau aus dem Publikum mit einer besonders großen Kamera ausgeguckt und gebeten, möglichst nicht zu fotografieren, da ihn das ablenken würde. Das kam im Laufe des Abends noch ein paar Mal zur Sprache. Unter anderem konfiszierte er zeitweise ein weißes iPhone mit einem auffälligen großen Aufsatz-Objektiv. Und als er zum Stück "Beautiful You" ansetzte, bekam ein weiterer Fan die Bitte, die Kamera wegzustecken, im Singsang zu hören.

Insofern habe ich ja fast ein schlechtes Gewissen, weil ich die ganze Zeit über unbemerkt Fotos von ihm gemacht habe, nämlich mit meinem Narrative Clip, der als kleines unscheinbares Kästchen an meinem T-Shirt hing und sicher auch nicht gestört hat. Ich beschränke mich darauf, ein Foto und ein kurzes Video zu veröffentlichen, einfach nur um dem geneigten Leser einen Eindruck von dem Konzert und der Atmosphäre zu verschaffen.

"Beautiful You" war auch das letzte Stück des regulären Teils, wobei Mark auch gleich andeutete, dass er Zugaben nicht abgeneigt sei. Er warnte zudem noch vor dem Stück - es wäre 20 Minuten lang and I'm talking through the whole thing. Ob es wirklich 20 Minuten waren, kann ich nicht sagen. Die Album-Version ist immerhin 14 Minuten lang und er hängte noch einen Abschnitt dran, in dem er erzählte, was ihm so alles durch den Kopf ging, angesichts der Aussicht, nach dem 13. November 2015 ein Konzert in Paris zu geben. Nachtrag: Hier ist ein kompletter Mitschnitt - es waren sogar 34(!) Minuten.

Das Thema war vorher schon angeklungen, als er das Stück "Exodus" all denen widmete, die an jenem Tag ein Kind oder einen Angehörigen verloren hatten.

Nach "Beautiful You" verließ die Band die Bühne und die Location ließ schon Musik laufen. Das Publikum klatschte aber fleißig darüber hinweg und so erschienen Mark und Co. auch bald wieder - nur Justin fehlte. Mark beschloss nach etwas Warten dann, einfach anzufangen, woraufhin Justin dann doch noch erschien, hektisch seine Gitarre umschnallte und mit einstimmte. Drei Zugaben schlossen das Konzert dann nach mehr als zwei Stunden ab.

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