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Warum alle über das neue MacBook lästern und ich mir vielleicht eines kaufe

Wie immer, wenn Apple neue Produkte vorstellt, sprießen die Spekulationen, wie sich diese wohl am Markt durchsetzen werden. Und wie immer sind die negativen Stimmen besonders laut (und oft auch schrill): Zu teuer, braucht keiner, Features X, Y und Z fehlen und deshalb ist das Produkt nutzlos und so weiter und so fort.

Allzu laut darf ich mich über diese "Naysayer" ja nicht aufregen, denn mit meinen eigenen Einschätzungen neuer Apple-Produkte liege ich auch oft genug daneben. An der Apple Watch habe ich aber schlicht kein Interesse und werde mich daher mit Kommentaren zurückhalten. Im Moment freue ich mich über mein freies Handgelenk, aber wer weiß, wie ich in ein paar Jahren darüber denke. Mit anderen Worten: Ich bin nicht die Zielgruppe, jedenfalls noch nicht. Ähnlich lief es beim iPhone: Ich habe mich lange dagegen gesträubt, überhaupt ein Mobiltelefon zu besitzen und erst letztes Jahr(!) war es dann endlich soweit.

Das andere neue Produkt ist das neue MacBook. Die Aufregung steht der um die Apple Watch kaum nach. Der Unterschied: Ich könnte mir vorstellen, eines zu kaufen.

Das neue MacBook ist also mal wieder flacher als alle Apple Laptops jemals zuvor. Als Folge hat Apple mal wieder einen radikalen Schnitt bei den Anschlüssen gemacht - einer der Gründe für die große Aufregung. Schauen wir uns das Ganze doch mal an.

Zunächst zu mir: Ich habe derzeit keinen Laptop. Den letzten habe ich anno 2010 in dem Chaos um den Ausbruch des isländischen Vulkans mit dem unaussprechlichen Namen verloren. Kurz vorher hatte Apple das iPad vorgestellt und es stellte sich heraus, dass es mir für fast alles, was ich unterwegs tun will, vollkommen ausreicht. Insbesondere ist es für mich das perfekte Konferenz-Gerät: Es ist klein, leicht, portabel, hat trotzdem noch einen relativ großen Bildschirm und der Akku hält locker einen ganzen Tag durch. Und ich kann Präsentationen damit halten - selbst nach einem 2-stündigen Workshop reichen die Akku-Reserven noch für den Rest des Tages.

Jetzt aber mache ich mich als Präsentations-Coach selbstständig. Das bedeutet, dass ich öfter auch mal unterwegs eine Präsentation bearbeiten oder gar neu erstellen muss. Das geht im allergrößten Notfall auch auf dem iPad, aber meine potenziellen Kunden werden kaum dafür bezahlen wollen, dass ich für so eine Arbeit länger brauche, nur weil ich auf einem iPad bestehe.

Meine Anforderungen an einen Laptop wären also:

  • möglichst klein und leicht, mit einer brauchbaren Tastatur (wenn ich schon eine habe, soll sie auch was taugen!)
  • Rechenleistung muss stimmen, aber nicht übermäßig hoch sein
  • ich muss den Laptop an die üblichen Beamer anschließen können, also brauche ich einen VGA- und einen HDMI-Anschluss
  • RAM und Speicher sind heutzutage ja nicht mehr so das Thema - "genug" sollte es eben sein

Da ich eine Apple-Infrastruktur habe, kommt auch nur ein Apple Laptop in Frage. Ein MacBook Pro muss es nicht sein - es ist tendenziell schon zu groß und hat mehr Rechenpower und Anschlüsse als ich realistisch brauche. Bleiben also das MacBook Air oder eben das neue MacBook.

Ignorieren wir einfach mal das Preis-Argument. Ich meine, es hat einfach keinen Sinn, darüber zu reden. Apple wird niemals einen Billig-Laptop bauen. Wer ein Apple-Gerät kauft, ist bereit, dafür etwas mehr zu bezahlen und wird dafür dann auch mit einem schicken (und oft zeitlosen) Design belohnt, mit zumeist ordentlicher Qualität und ganz allgemein mit Hardware, die auch mal an die Grenzen des technisch Machbaren geht (was gelegentlich auch mal zu Problemen führen kann). Wer mit einem Laptop für 500 Euro zufrieden ist, bei dem der größte Teil des Gehäuses aus Plastik ist, das knirscht und knarzt, wenn man es öffnet, der wird das nicht verstehen - und dem will ich das auch gar nicht ausreden. To each his or her own.

Am meisten entzündet sich die Diskussion aber an dem fast völligen Wegfall der Schnittstellen. Nur ein einziger USB-C-Anschluss ist geblieben (und eine 3,5 mm Klinkenbuchse für einen Kopfhörer). Damit, so die oft geäußerte Meinung, könne man doch nicht arbeiten.

Den gleichen Tenor konnte man aber schon einmal hören, als vor Jahren das MacBook Air vorgestellt wurde. Auch dieses hatte für damalige Verhältnisse unerhört wenige Anschlüsse. Für den Ethernet-Anschluss musste man gar eine Klappe an der Unterseite öffnen und einen Adapter anschließen - unglaublich! Und heute? Heute kräht kein Hahn mehr nach Ethernet in einem Laptop. Überall dort, wo man arbeiten will oder muss, ist WLAN verfügbar. Notfalls koppelt man eben sein Mobiltelefon über Bluetooth an. Und wer tatsächlich (die Notwendigkeit in manchen Situationen will ich ja gar nicht abstreiten) regelmäßig Ethernet braucht, der kauft sich eben ein MacBook Pro.

Und das gleiche Argument gilt auch für die ganze Peripherie. Nur weil Apple Modelle mit wenigen (MacBook Air) oder praktisch keinen (MacBook) Anschlüssen verkauft, heißt das ja nicht, dass sie die Notwendigkeit komplett verneinen. Wer häufig Ethernet oder einen SD-Reader braucht, für den sind dies eben die falschen Geräte - und der findet im MacBook Pro auch ein entsprechend ausgestattetes Gerät. Apple hat nirgendwo angekündigt oder auch nur angedeutet, dass sich das in absehbarer Zeit ändern würde.

Nochmal: Es gibt verschiedene Zielgruppen, die Apple mit verschiedenen Modellen bedient. Da sind das MacBook Pro für die, die Schnittstellen und Rechenleistung wollen - und MacBook Air und eben das neue MacBook für die, die erkannt haben, dass sie all das im Alltag nicht wirklich brauchen.

Womit wir zurück zu mir kommen: Ich ziehe seit Jahren mit einem iPad durch die Lande. Ich brauche keinen Ethernetanschluss. Ich brauche nur selten einen SD-Reader (in meiner Digitalkamera steckt eine Eye-Fi-Karte, nur leider ist die zugehörige App fürs iPad nicht so wirklich brauchbar für den mobilen Einsatz). Alles, was ich in all den Jahren regelmäßig gebraucht habe, ist Anschluss an einen Beamer. Und den aber eben auch nur für ein oder zwei Stunden, in denen das iPad dann ohnehin zum stationären Einsatz verdonnert ist. Sprich, da stört der Adapter dann auch nicht mehr weiter. Und ich muss nicht den Rest der Zeit mit einem Kompromiss leben, der es irgendwie noch ermöglicht hätte, vielleicht doch noch eine VGA-Buchse am iPad unterzubringen.

Das MacBook und das MacBook Air sind Geräte für Leute wie mich. Wir wollen möglichst mobil und mit wenig Ballast unterwegs sein. Kurzfristig brauchen wir auch mal zusätzliche Features, aber die holen wir uns dann eben mit Adaptern und freuen uns den Rest der Zeit über unser besonders portables Gerät. Wer die ganzen zusätzlichen Features wirklich und regelmäßig braucht (Ist das der Fall? Oder ist es nicht eher so etwas wir Gewohnheit, Tradition, "das war schon immer so - ein richtiges Notebook hat Ethernet und VGA, jawohl!"), dem verkauft Apple mit Freuden ein MacBook Pro. Denn Apple versteht seine Zielgruppen besser, als diese es selbst tun.

Meine einzige Sorge beim neuen MacBook ist, dass der Intel Core M-Prozessor vielleicht doch etwas sehr langsam ausgefallen sein könnte. Der Prozessor im ersten MacBook Air war auch nicht gerade ein Sprinter. Meine Hauptanwendungen wären Keynote und PowerPoint. Eigentlich nur Präsentationsprogramme, aber selbst die brauchen manchmal überraschend viel Rechenpower. Ich warte also auf die ersten Benchmarks und Erfahrungsberichte bevor ich zuschlage. Vielleicht wird es dann doch ein MacBook Air. Mit Sicherheit aber kein MacBook Pro.

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Warum alle über das neue MacBook lästern und ich mir vielleicht eines kaufe
Autor: Dirk am Samstag, 30. Mai 2015, 15:12 Uhr

Im April hatte ich noch Pech - kein Vorführmodell des neuen MacBooks verfügbar in den Apple Stores in Birmingham und Bristol. Gestern habe ich dann in London endlich eines ausprobieren dürfen (witzig, dass Apple Stores in England mir irgendwie näher zu liegen scheinen, als der in Sindelfingen ...).

Die Geschwindigkeit das 1.1 GHz-Modells lässt sich bei so einem Kurztest nicht wirklich beurteilen. Ich habe einige der Demo-Dokumente in Pages bzw. Keynote geöffnet und ein bisschen damit herumgespielt. Das Öffnen hätte vielleicht einen Tick flotter gehen können. Einmal gestartet konnte ich aber so auf die Schnelle keine Verzögerung feststellen.

Die neue Tastatur ist in der Tat zunächst etwas ungewohnt. Man hat eher das Gefühl, auf Buttons denn auf "normalen" Tasten zu tippen. Einige werden sie dafür bestimmt hassen. Ich habe einen Absatz in Pages geschrieben: Alle Tastendrücke wurden problemlos erkannt, alle Tasten erschienen mir (mit meinem 5-Finger-Halbblind-Tippsystem) an der richtigen Stelle zu sein.

Einzige Ausnahme: Statt der Backspace-Taste habe ich praktisch immer die Return-Taste erwischt. Das ist dann aber wohl Gewöhnungssache. Interessant: Die Bilder der Tastatur bei Apple zeigen die Return-Taste als eine lange (doppelt breite) Taste. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Taste, die ich immer versehentlich erwischt habe, doppelt hoch (also eher so, wie auf dem gewohnten Apple Keyboard) ist. Ein Unterschied zwischen dem US- und den UK-Layout? Und wie sieht dann das deutsche aus?

Das Force Touch bzw. Force Feedback im Trackpad habe ich nicht explizit getestet. Allerdings hat das MacBook ja kein klickbares Trackpad mehr - trotzdem war da ein Klick zu spüren, wenn man einen Button antippte. War es das? Das fühlte sich ganz normal an.

Die Größe, das Format und das Gewicht haben mir sehr zugesagt. Tastatur passt, Geschwindigkeit sollte auch okay sein (vor allem, wenn man zum schnelleren Modell greift). Es sieht immer mehr danach aus, als könnte das mein erster Laptop seit fünf(!) Jahren werden ...

Warum alle über das neue MacBook lästern und ich mir vielleicht eines kaufe
Autor: Dirk am Sonntag, 31. Mai 2015, 11:20 Uhr

Nachtrag: Eine Bildersuche ergab, dass sowohl die (UK-)englische als auch die deutsche Tastatur des 12-Zoll Macbooks offensichtlich eine doppelt hohe (statt doppelt breite) Return-Taste haben. Es war also keine Einbildung :)