Anne Clark live
Um es vorweg zu nehmen: Das war das kurioseste, gleichzeitig aber auch beste Konzert, auf dem ich jemals war.
Kurios waren schon die Voraussetzungen, kannte ich doch von Anne Clark vor dem Konzert nicht einmal eine Handvoll Songs und davon gerade einmal zwei mit Namen. Auf das Konzert zu gehen, war einer meiner berühmten spontanen Einfälle ...
Kurios auch der Ort: Der Mozartsaal ist der kleinste Konzertsaal in der Stuttgarter Liederhalle. Von der Form her mehr oder weniger dreieckig, steht die Bühne also zwangsläufig in einer Ecke und die Anordnung der Sitzplätze ist auch eher ungewöhnlich. Trotzdem hatte ich einen praktisch perfekten Platz: Leicht erhöht, kein weiterer Platz vor mir, hatte ich direkten Blick auf die Bühnenmitte und saß praktisch auf Augenhöhe mit Anne Clark (wenn auch etwa 8-10 Meter entfernt).
Das Kuriosum schlechthin war aber, dass sich die Grande Dame des elektronisch untermalten Sprechgesangs auf einer Akustik-Tour befindet. Ob das gut gehen kann? Und ob es kann!
Begleitet von vier exzellenten Musikern (Piano, Cello, akustische Gitarre, Percussion) bestand der erste Teil des Konzerts aus eher ruhigen Titeln, durchsetzt mit einigen flotteren (immer dann, wenn sich Anne Clark von ihrem Stuhl erhob, ging anschließend die Post ab).
Ausgerechnet "Sleeper in Metropolis" in seiner Eintönigkeit war wohl das schwächste Stück des Abends. Aber gerade, als es langweilig zu werden drohte, wurde der Song geschickt unterbrochen und nach einer eingeschobenen ruhigeren Passage nur noch einmal kurz angespielt. Gerade noch gerettet ...
Danach überließ Anne Clark die Bühne ihren Mitmusikern, die nun - mal zu zweit, mal solo - einige Stücke improvisierten, bevor sich ihre "Chefin" mit einem They're quite good, eh?
wieder zu ihnen gesellte.
Der zweite Teil des Abends war nun von flotteren Stücken geprägt, doch auch die ruhigeren Titel wurden vom Publikum noch mit Begeisterung aufgenommen.
So war der anhaltende Beifall am Ende des regulären Programms (nach geschätzten 90 Minuten) nicht verwunderlich und Anne Clark ließ sich auch nicht lange um die erste Zugabe bitten: Zu "Our Darkness" verwandelte sich der wenige freie Raum zwischen der Bestuhlung in eine Tanzfläche. Selten habe ich es erlebt, dass ein Song einen ganzen Konzertsaal so zusammenschweisst. Ausgerechnet die Hauptperson wirkte in all dem etwas verloren. Ich weiß nicht, was Anne Clark dieser Song bedeutet, aber es arbeitete doch recht deutlich in ihrem Gesicht und sie verließ am Ende - wie ich meine - schon fast fluchtartig die Bühne.
Zum Glück kam sie bald darauf wieder und spielte noch drei (oder waren es vier?) Zugaben, bevor endgültig Schluss war. Da sie auch hier wieder vorzeitig die Bühne verließ, weiß ich nicht, ob sie die Standing Ovations überhaupt noch mitbekommen hat. Aber ihre Musiker werden ihr schon davon berichtet haben und auch vorher hatte sie den lang anhaltenden Beifall beinahe gerührt zur Kenntnis genommen.
Dies ist wirklich das erste Mal, dass ich am Ende eines Konzertes dachte Da würde ich morgen glatt nochmal hingehen
. Zu schade, dass sie nur einmal in Stuttgart auftritt. Aber an diesem Abend hat Anne Clark einen Fan hinzugewonnen.