800.000
Meine Tageszeitung (die wg. der Unterstützung des albernen Leistungsschutzrechts hier erst gar nicht genannt werden soll) berichtet von den neuesten Schätzungen der Flüchtlingszahlen für das Jahr 2015. 800000 Flüchtlinge sollen demnach dieses Jahr nach Deutschland kommen. Das ist natürlich eine beeindruckende Zahl. Um dem geneigten Leser eine Vorstellung zu geben, wird auch gleich ein Vergleich bemüht: Das wäre in etwa die Anzahl der Einwohner von Frankfurt am Main (die Wikipedia übrigens mit knapp über 7000000 angibt, aber das nur am Rande).
Aber mit Zahlen ist das ja immer so eine Sache. Diese 800000 Menschen werden nicht alle hier bleiben. Ein Teil wird schlicht kein Asyl bekommen und zurück geschickt werden. Und natürlich kann man die Zahl auch in andere Verhältnisse setzen.
Den Flughafen von Stuttgart haben, laut Wikipedia, im Jahr 2012 9,73 Millionen Menschen passiert. Das sind etwa 800000 Menschen pro Monat. Zugegeben, an einem Flughafen sind die Abläufe klarer strukturiert und geregelt, aber wenn ein einzelner Flughafen das pro Monat schafft, dann sollten doch die 11000 Gemeinden in Deutschland die gleiche Menge an Menschen locker in einem Jahr handhaben können - und zwar mit der angemessenen Sorgfalt und Menschenwürde (wobei ich ja fast argumentieren würde, dass die bei den Kontrollen am Flughafen gelegentlich auf der Strecke bleibt, aber ich schweife ab).
Was ich sagen will: 800000 Menschen ist auf den ersten Blick natürlich eine erschreckend hohe Zahl. Aber es gibt keinen Grund, deswegen in Panik auszubrechen. Diese Zahl ist, den entsprechenden Willen vorausgesetzt, sehr wohl handhabbar (und, wie erwähnt, auch unter Einhaltung der Menschenwürde und Berücksichtigung der Einzelschicksale). Wir müssen es nur wollen.
Wie in vielen anderen Bereichen leider auch scheint es der Politik, aber auch der Gesellschaft als Ganzes, angesichts der aktuellen Herausforderungen aber am Willen zu mangeln, die durchaus bewältigbaren Aufgaben auch anzugehen. Statt die Veränderungen etwa in der Umwelt (Stichwort Klimawandel) oder der Gesellschaft als Chance zu sehen und mutig anzugehen, verschanzt man sich und versucht krampfhaft so weiterzumachen wie bisher. Das wird nicht funktionieren und nur dazu führen, dass das Scheitern an der Aufgabe zu weiterem Unmut führt. Wir brauchen neue Lösungen, neue Ansätze und vor allem den Mut, diese auch auszuprobieren und umzusetzen. Nur so lässt sich der gegenwärtige Trend zu einem Volk der Miesmacher und Aber-Nazis (Danke an Sascha Lobo für die Wortschöpfung) aufhalten.
(Photo: "Pro-Refugee Rally, XXI" by Newtown grafitti, CC BY, from Flickr)