Rückblick: 3. No-Spy-Konferenz
Es war die 3. Konferenz zum Thema Überwachung in Stuttgart, aber die erste unter dem Namen No-Spy-Konferenz (ehemals PrismCamp). Die Namensänderung erwies sich als Glücksgriff, da im Vorfeld das Thema No-Spy-Abkommen in der öffentlichen Diskussion wieder hochkam, wie überhaupt diverse Teilaspekte der Überwachung gerade (endlich!) etwas mehr in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Insofern also beste Voraussetzungen für eine Konferenz zum Thema.
Wir begannen am Freitag Abend mit einem Vortrag von Prof. Ortwin Renn von der Uni Stuttgart: "Wie smart ist smart genug? Vom Glanz und Elend der Digitalisierung." Der Titel schien auf den ersten Blick nicht so recht zum Thema der Veranstaltung zu passen, aber das klärte sich im Verlauf des Vortrags.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Diskussion der gefühlten (Un-)Sicherheit, die wir empfinden, auch wenn die Zahlen etwas ganz anderes sagen. Knapp 2 Morde pro Tag in Deutschland kann man als viel empfinden, aber die Mehrzahl davon passieren im privaten Umfeld und lässt sich mit vernünftigem Aufwand auch nicht weiter reduzieren. Würden wir, um die Zahl etwa auf einen Mord pro Tag zu drücken, die Überwachung aller Wohnungen mit Kameras akzeptieren? Wohl kaum. Stattdessen haben wir gelernt, mit dem geringen Risiko zu leben. In anderen Bereichen ist das Verhältnis zwischen gefühlter und tatsächlicher Bedrohung ähnlich, etwa beim Terrorismus.
Am Samstag und Sonntag ging es dann mit der bewährten Mischung aus gesetzten Vorträgen und Barcamp-Sessions weiter. Peter Welchering etwa erklärte, was es mit den gerade viel diskutierten Selektoren auf sich hat und es gab einen Workshop zum Verhalten und Argumentieren in Diskussions- und Interview-Situationen. Zudem war am Samstag auch noch der International Day of Privacy (IDP), zu dem die Kollegen von Save Your Privacy zu einer Demonstration aufgerufen hatten, die dann auch vor dem Literaturhaus endete, so dass wir am Samstag nachmittag noch ein paar Spontan-Teilnehmer mehr hatten.
Gefühlt gab es dieses Mal gar nicht so viele technische Sessions, wobei auch hier die Wahrnehmung und die Realität nicht ganz übereinstimmen, wie ein nachträglicher Blick auf die Session-Boards zeigt: Mit Freifunk, Crypto-Party, verschlüsselten Backups, spreed.me und Darknets war die Technik bestimmt nicht unterrepräsentiert. Erfreulich ist es aber allemal, dass vor allem die gesellschaftlich-politischen Aspekte aufgegriffen und diskutiert wurden.
Nicht so gut geklappt hat leider, die Session-Ergebnisse in den bereitgestellten Etherpads festzuhalten. Auch haben viele Sessions überzogen, was dann den Zeitplan hier und da auch mal etwas durcheinander brachte. Das müssen wir beim nächsten Mal anders regeln, evtl. mit längeren Session-Slots.
Alles in allem war es, wie ich finde, wieder eine gelungene Veranstaltung, die den Teilnehmern viele neue Impulse gegeben hat, wie man gegen die Überwachung angehen kann: Nicht nur mit Technik, sondern mit Argumenten und auch mit Aktionen.
Wer noch weitere Argumentationshilfen braucht, dem sei auch der Film Citizenfour empfohlen, den wir am Samstag Abend gezeigt haben. Er zeigt nicht nur den Beginn der Snowden-Affäre (Filmemacherin Laura Poitras war von Anfang an, im Hotelzimmer in Hong Kong, mit der Kamera dabei) und die Person Edward Snowden, sondern im Umfeld auch gut aufbereitete Argumente gegen Überwachung und Erklärungen, was die Geheimdienste da so treiben.
Bleibt mir nur noch auf die nächste No-Spy-Konferenz hinzuweisen, die voraussichtlich vom 13.-15. November 2015 stattfinden wird. Und die Neuen Stuttgarter Abendgespräche finden natürlich auch weiter statt - Redner für Juli und September (im August machen wir Sommerpause) stehen schon bereit, genaue Termine folgen in Kürze.