Mein erstes CRM
Im Laufe meines Lebens hatte ich ja schon mit vielen Software-Kategorien zu tun und für so manchen Bereich habe ich auch schon selbst welche geschrieben (freiwillig oder gegen Bezahlung). Aber ein CRM, also eine Software zum Customer Relationship Management, fiel bisher noch in die Kategorie "laaangweilig" und "brauch ich nicht".
Tja, und jetzt bin ich seit ein paar Tagen auch offiziell selbstständig - und habe mir prompt als eine meiner ersten Handlungen eine CRM-Software gekauft.
CRM (und die entsprechende Software) gibt es ja in vielerlei Ausprägungen, von sehr einfach und kostenlos bis superkomplex und mit entsprechenden Enterprise-Preisschildern versehen. Ich suchte eher etwas am unteren Ende der Skala.
Ich mache viel "Networking" und muss irgendwie die Namen und Visitenkarten der Leute, die ich treffe, verwalten und mir notieren, wann und wo ich sie getroffen habe. Das sind Menschen, mit denen ich vielleicht nie wieder etwas zu tun haben werde - damit möchte ich mir nicht gleich mein Adressbuch vollmüllen.
Ich brauche aber Zugriff auf diese Informationen, und zwar mit dem Gerät, das ich gerade zur Hand habe. Idealerweise offline, denn in unserem Neuland kann man ja auch nicht immer mit einem funktionierenden Internetzugang rechnen. Angesichts meiner vorhandenen Infrastruktur brauche ich also Apps für OS X und iOS, die möglichst stressfrei miteinander syncen.
So, das wären so meine groben Anforderungen fürs Erste. Wie gesagt, das ist das erste Mal, dass ich überhaupt einen ernsthaften Blick in die fabelhafte Welt der CRM-Systeme werfe. Kann also gut sein, dass ich in einem halben Jahr andere Schwerpunkte setze. Aber irgendwo muss ich ja mal anfangen.
Früher(tm) hätte man so etwas wahrscheinlich schnell mit einer Datenbank (Access, FileMaker oder was auch immer gerade en vogue war) schnell selbst zusammengeklöppelt. Damals(tm) musste man aber auch noch nicht zwischen vier Devices synchronisieren und fand es völlig normal, dass man das mobile Endgerät (Laptop, nicht Smartphone) irgendwo anstöpseln musste. So ändern sich die Zeiten ...
Da ich also in der Apple-Welt feststecke, führte mein Weg in den App Store. Es gibt diverse kostenlose Apps, die nach Eingabe des Stichworts "CRM" aufgelistet werden. Allerdings war ich mit denen ziemlich schnell durch. Entweder boten sie nicht, was ich wollte. Oder sie hatten vernichtende Kritiken. Oder sie waren schlicht kostenlose Frontends für kostenpflichtige (und z.T. sehr teure) Dienste.
Frustriert habe ich eine Zeit lang außerhalb des App Stores gesucht. Im Bereich Open Source gibt es ja auch ein oder zwei Lösungen, aber die waren für meine Verhältnisse schon wieder überdimensioniert und viel zu aufwändig einzurichten. Ich will ein CRM benutzen, nicht administrieren.
Also zurück in den App Store und sehen wir uns die kostenpflichtigen Apps mal näher an. Nach einem verzweifelten Blick auf die nach oben offene Preisskala fing ich also unten an.
Vipor CRM
Für knapp 30 Euro bekommt man Vipor CRM, eine noch recht neue App ohne angezeigte Bewertungen (weil es keine oder noch zu wenige gibt). Eine Websuche förderte immerhin eine positive Rezension bei Forbes zu Tage. Diese erwähnt auch, das hinter Vipor CRM u.a. einer der Mitgründer von ACT! steht. Also sind hier keine Amateure am Werk, sondern Leute, die hoffentlich verstehen, was man von einem CRM erwartet.
Die iOS-App ist kostenlos, also sehen wir uns die doch mal an. Vipor CRM verwaltet Kontakte (unabhängig vom Adressbuch, aber man kann manuell syncen) und einen Kalender (ebenfalls unabhängig, Sync wie beim Adressbuch). Es gibt drei Arten von Aktivitäten: Anrufe (Calls), Meetings, und Aufgaben (Tasks). Diese plant man ganz normal im integrierten Kalender und kann sie ggfs. mit Kontakten verknüpfen und - ganz wichtig - sich Notizen dazu machen und sie als abgeschlossen oder als abgeschlossen, aber mit "Followup", also einer Nachfolge-Aktivität, markieren.
Mir gefällt vor allem das Konzept der "Orbits" (wörtlich: Umlaufbahnen, salopp könnte man es auch mit "Dunstkreis" übersetzen) für Kontakte. Jeder Kontakt kann in beliebig viele Orbits einsortiert werden, die sich dann auch überlappen können. Man hat also vielleicht einen Orbit für Geschäftskontakte, aber auch Orbits für Events, Themen oder Organisationen. Herr X ist vielleicht ein Geschäftskontakt und ich kenne ihn von Organisation A. Frau Y ist auch ein Geschäftskontakt, aber ich bin über Thema B mit ihr in Kontakt gekommen. Und so weiter. Wie eben im richtigen Leben: Niemand fällt nur in eine Kategorie. Orbits sind also so ein Mittelding aus Ordnern und Tags.
Nachdem ich mit der iOS-Version auf dem iPad ein wenig herumgespielt hatte und meine (wenigen) eingegebenen Daten dann auch problemlos auf dem iPhone erschienen, nachdem ich die App dort installiert hatte, entschloss ich mich also, die Mac-Version zu kaufen.
Dort fielen mir dann allerdings gleich mal ein paar kleinere Bugs auf, die die iOS-Version nicht hat. Z.B. werden E-Mail-Adressen bei der Eingabe in die Mac-Version mit Großbuchstaben am Anfang und nach jedem Punkt versehen - und man kann es auch nicht korrigieren. Aus joe@example.com wird so also unweigerlich Joe@example.Com (ja, das 'e' in example bleibt klein). Niemand würde E-Mail-Adressen so schreiben und es sieht einfach nur peinlich aus, denn wenn ich Joe jetzt eine E-Mail schreibe, wird die Schreibweise so übernommen. Für diese und andere Kleinigkeiten habe ich gleich einmal ein paar Support-Tickets aufgemacht. Mal sehen, wie und wie schnell man darauf reagiert.
Insgesamt scheint mir der Workflow auch gelegentlich noch etwas unrund und kleine Bugs und kosmetische Probleme wie das oben genannte stören mich noch etwas. Von der Funktionalität her ist Vipor CRM aber ziemlich genau das, was ich im Moment brauche. Wie gesagt, das kann sich auch ganz schnell ändern - ich weiß ja selbst noch nicht, wo die Reise hingeht. Aber wenn die gemeldeten Bugs zügig behoben werden, könnte Vipor CRM eine gute Investition gewesen sein.