Leser-Uni der Stuttgarter Zeitung mit einem Vortrag zum Thema Feinstaub
Das leidige Thema Feinstaub begleitet uns in Stuttgart ja schon länger. Passend zum Ende des bereits vierten Feinstaub-Alarms in diesem Jahr hatte die Stuttgarter Zeitung bei ihrer Leser-Uni einen Vortrag zum Thema angesetzt: "Feinstaub - Wie groß ist die Gefahr für die Gesundheit?"
Der Referent, Dr. Josef Cyrys, begann mit einer historischen Einordnung. Das Bemühen um eine bessere Luftqualität begann demnach, zumindest in Europa, nach dem großen Smog in London 1952, der direkt und indirekt viele Todesopfer forderte. Seither hat sich viel gebessert und erschreckende Bilder wie von damals kennen wir heute nur noch aus anderen Teilen der Welt, etwa aus Peking.
Womit wir auch schon bei einem wichtigen Punkt wären: Feinstaub heißt so, weil die Staubpartikel so klein sind. Wir reden von Staubteilchen mit einem Durchmesser von 2,5 bis 10 Mikrometern (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist ca. 70 Mikrometer im Durchmesser). Oder anders gesagt: Feinstaub sieht man nicht. Entsprechend muss man auch den Fotos, die gerne zur Illustration des Themas verwendet werden, mit Skepsis begegnen. Sichtbare Luftverschmutzung ist eben etwas anderes. Hier hat dann jemand entweder keine Ahnung oder eine Agenda ...
Womit wir dann beim Thema wären: Wie gefährlich ist Feinstaub denn nun für die Gesundheit? Und hier fällt das Urteil eindeutig aus. Immer mehr Studien zum Feinstaub bestätigen die Gesundheitsgefahr. Dazu zählen eben nicht nur die Todesfälle, sondern eben auch Dinge wie Atemwegserkrankungen. Es gibt keine Zweifel mehr: In den betroffenen Gebieten sind die Menschen häufiger von solchen Erkrankungen betroffen.
Die Beweislast, das machte der Vortrag klar, ist erdrückend. Und noch viel schlimmer: Wirkliche Besserung ist erst bei sehr niedrigen Grenzwerten zu beobachten. Während die WHO einen Grenzwert von 10 Mikrogramm für Feinstaub mit 2,5 Mikrometer Durchmesser empfiehlt, der auch mit entsprechenden Studien korreliert, liegt der EU-Grenzwert derzeit noch bei 40 Mikrogramm und soll erst noch auf 25 Mikrogramm gesenkt werden - also immer noch zu viel.
Leider war die Zeit für den Vortrag dann schon um, bevor wir zu den Lösungsansätzen kommen konnten. Der Referent hatte wohl etwas zum Thema Umweltzonen vorbereitet, das er aber nicht mehr anbringen konnte. Im persönlichen Gespräch konnte ich wenigstens noch ein paar Punkte ansprechen.
Zunächst einmal bringt, wie erwartet, eine Begrenzung des Individualverkehrs (sei es freiwillig oder mit Zwangsmaßnahmen) wenig. Auf 10% schätzt Dr. Cyrys den Effekt. So wird das natürlich nichts. Andererseits wird es in der typischen europäischen Großstadt schwierig, den o.g. idealen Grenzwert von 10 Mikrogramm zu erreichen, da es schon so etwas wie eine "Grundlast" von 20 Mikrogramm gibt. Ideen oder Ansätze, wie man dieses Dilemma lösen könnte, hatte er leider nicht parat.
Zweiter Vortrag: Internetsucht
Es gab an diesem Abend noch einen zweiten Vortrag. Christian Montag erzählte in einem streckenweise recht unterhaltsamen Vortrag etwas zum Thema "Smartphone, Internet & Co - gibt es ein Zuviel?" Richtig viel Neues hatte er, zumindest aus meiner Sicht, aber nicht beizutragen, zumal ich vieles davon schon kannte. Ja einige der Punkte, etwa zum Problem der ständigen Unterbrechungen, bringe ich in meinen Präsentationskursen vor, um die Teilnehmer zu animieren, bei der Vorbereitung "offline" zu gehen. Ich hatte auch den Eindruck, dass sich Dr. Montag ein wenig um die im Raum stehende Frage "ist das nun eine Sucht oder nicht?" etwas herum drückte (er erwähnte allerdings, dass es noch keine anerkannte Diagnose ist, und dass es eine Diskussion gibt, ob man das Thema nicht unter AHDS subsumieren müsse, da die Symptome sehr ähnlich sind).
Alles in allem ein informativer Abend. Ich hätte aber vielleicht nur ein Thema auf die Agenda gesetzt und dann Raum für Diskussionen im Auditorium (statt beim Umtrunk) vorgesehen.